§ 62 SAG
§ 62 Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf Institute
(1) 1Die Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf ein Institut liegen vor, wenn
1.
das Institut in seinem Bestand gefährdet ist,
2.
die Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme zur Erreichung eines oder mehrerer Abwicklungsziele erforderlich und verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Instituts im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre und
3.
die Bestandsgefährdung sich innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens nicht ebenso sicher durch andere Maßnahmen als durch Abwicklungsmaßnahmen beseitigen lässt, wobei als andere Maßnahmen in Betracht kommen:
a)
Maßnahmen des privaten Sektors einschließlich Maßnahmen eines Institutssicherungssystems,
b)
Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, insbesondere Maßnahmen des frühzeitigen Eingreifens gemäß den §§ 36 bis 38 oder Maßnahmen gemäß den §§ 45 bis 46 des Kreditwesengesetzes oder
c)
Herabschreibung oder Umwandlung relevanter Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten gemäß § 65 Absatz 4.
2Keine Voraussetzung für den Erlass von Abwicklungsmaßnahmen ist
1.
die vorhergehende Anwendung von Maßnahmen frühzeitigen Eingreifens gemäß den §§ 36 bis 38,
2.
die vorhergehende Anwendung von Maßnahmen gemäß den §§ 45 bis 46 des Kreditwesengesetzes oder
3.
die Herabschreibung oder Umwandlung relevanter Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten gemäß § 65 Absatz 4.
(2) 1Die Aufsichtsbehörde stellt nach Anhörung der Abwicklungsbehörde oder die Abwicklungsbehörde stellt nach Anhörung der Aufsichtsbehörde die Bestandsgefährdung des Instituts fest. 2Zu diesem Zweck stellen sich die Abwicklungsbehörde und die Aufsichtsbehörde auf Anforderung gegenseitig unverzüglich alle Informationen zur Verfügung, die für diese Feststellung erforderlich sind.
§ 63 SAG
§ 63 Bestandsgefährdung; Verordnungsermächtigung
(1) Eine Bestandsgefährdung eines Instituts liegt vor, wenn
1.
das Institut gegen die mit einer Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes verbundenen Anforderungen in einer Weise verstößt, die die Aufhebung der Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde rechtfertigen würde oder objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies in naher Zukunft bevorsteht,
2.
die Vermögenswerte des Instituts die Höhe seiner Verbindlichkeiten unterschreiten oder objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies in naher Zukunft bevorsteht, oder
3.
das Institut zahlungsunfähig ist oder objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Institut in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, es sei denn, es bestehen ernsthafte Aussichten darauf, dass das Institut durch Garantien im Sinne von Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder 2 in die Lage versetzt wird, bestehende Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
(2) 1Einer Bestandsgefährdung steht die Bewilligung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gleich. 2Dies gilt nicht, wenn die außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zur Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft und zur Wahrung der Finanzstabilität erfolgt in der Form
1.
einer staatlichen Garantie für Liquiditätsfazilitäten, die von der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bundesbank zu ihren jeweiligen Bedingungen bereitgestellt werden,
2.
einer staatlichen Garantie für neu emittierte Verbindlichkeiten oder
3.
einer Zuführung von Eigenkapital oder des Kaufs von Kapitalinstrumenten
a)
zu Preisen und Bedingungen, die das Institut nicht begünstigen,
b)
zwecks Schließung von Kapitallücken, die in Stresstests auf nationaler Ebene oder der Ebene der Union oder des einheitlichen Aufsichtsmechanismus, bei der Bewertung der Qualität der Vermögenswerte oder vergleichbaren Prüfungen durch die Aufsichtsbehörde, die Europäische Zentralbank oder die Europäische Bankenaufsichtsbehörde festgestellt und gegebenenfalls durch die Aufsichtsbehörde bestätigt wurden,
c)
wenn im Zeitpunkt der Kapitalzuführung die Voraussetzungen des § 65 Absatz 2 nicht erfüllt sind.
3Die Regelungen gemäß den Nummern 1, 2 und 3 gelten nur für präventive, zeitlich befristete und verhältnismäßige Maßnahmen, die nicht dem Ausgleich von Verlusten dienen, die das Institut bereits erlitten hat oder in naher Zukunft voraussichtlich erleiden wird. 4Kapitalmaßnahmen öffentlicher Eigentümer, die keine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind, bleiben unbenommen.
(3) 1Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen bezüglich der Umstände zu treffen, unter denen eine Bestandsgefährdung nach den Absätzen 1 und 2 vorliegt. 2Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Abwicklungsbehörde mit der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank ergeht.
§ 64 SAG
§ 64 Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf Finanzinstitute und Holdinggesellschaften
(1) 1Die Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf ein Finanzinstitut, das nachgeordnetes Unternehmen eines auf konsolidierter Basis beaufsichtigten übergeordneten Unternehmens ist, liegen vor, wenn die in § 62 Absatz 1 genannten Voraussetzungen sowohl in Bezug auf das Finanzinstitut als auch in Bezug auf das übergeordnete Unternehmen erfüllt sind. 2§ 62 Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf eine Finanzholding-Gesellschaft, eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft, eine gemischte Holdinggesellschaft, eine Mutterfinanzholding-Gesellschaft in einem Mitgliedstaat, eine EU-Mutterfinanzholding-Gesellschaft, eine gemischte Mutterfinanzholding-Gesellschaft in einem Mitgliedstaat oder eine gemischte EU-Mutterfinanzholding-Gesellschaft liegen vor, wenn die in § 62 Absatz 1 genannten Voraussetzungen in Bezug auf eine der vorgenannten Holdinggesellschaften erfüllt sind.
(3) Abweichend von Absatz 2 kann die Abwicklungsbehörde auch dann Abwicklungsmaßnahmen für eine in Absatz 2 genannte Holdinggesellschaft anordnen, wenn
1.
die in § 62 Absatz 1 genannten Voraussetzungen in Bezug auf ein Tochterunternehmen oder mehrere Tochterunternehmen dieser Holdinggesellschaft erfüllt sind, sofern es sich bei den Tochterunternehmen um Institute handelt, die selbst keine Abwicklungseinheiten sind,
2.
die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Tochterunternehmens oder der Tochterunternehmen nach Nummer 1 so beschaffen sind, dass deren Ausfall eine Bestandsgefährdung der Abwicklungsgruppe als Ganzes auslösen könnte,
3.
eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf diese Holdinggesellschaft für die Abwicklung eines Tochterunternehmens oder mehrerer Tochterunternehmen nach Nummer 1 oder für die Abwicklung der Abwicklungsgruppe als Ganzes erforderlich ist und
4.
diese Holdinggesellschaft eine Abwicklungseinheit ist.
(4) Die Zwischen-Finanzholding-Gesellschaft ist im Abwicklungsplan als Abwicklungseinheit auszuweisen und Abwicklungsmaßnahmen zum Zweck einer Gruppenabwicklung nach Absatz 2 oder Absatz 3 dürfen nur für die Zwischen-Finanzholding-Gesellschaft und nicht für die gemischte Holdinggesellschaft angeordnet werden, wenn die Tochterinstitute einer gemischten Holdinggesellschaft direkt oder indirekt von einer Zwischen-Finanzholding-Gesellschaft gehalten werden.
(5) Die Abwicklungsbehörde kann Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf eine Zentralorganisation und alle ihr ständig zugeordneten Kreditinstitute, die Teil derselben Abwicklungsgruppe sind, ergreifen, wenn diese Abwicklungsgruppe als Ganzes die Voraussetzungen nach § 62 Absatz 1 erfüllt.
§ 77 Absatz 6 SAG
(6) 1Abweichend von Absatz 5 wendet die Abwicklungsbehörde bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen nach Maßgabe dieses Gesetzes stets das Instrument der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente an. 2Ist die Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente ausreichend, um die Abwicklungsziele zu erreichen, ordnet die Abwicklungsbehörde keine weiteren Abwicklungsinstrumente an.